21.12.2018, 15:45
Das Interview ist gar nicht so verkehrt. ( https://www.helmholtz.de/luftfahrt_raumfahrt_und_verkehr/wie-schmutzig-ist-der-diesel-wirklich/ )
Ein paar inhaltliche Fehler enthält es aber trotzdem.
Zunächst, was richtig ist:
„Mit den 180 Milligramm (Euro 5) und den 80 Milligramm (Euro 6) hat die Politik etwas vorgegeben, was technologisch noch nicht umsetzbar war. Daraufhin wurden Grauzonen eingebaut, in denen sich alle bewegt haben - und mancher hat die Grauzone, die der Gesetzgeber zustehen musste,
überstrapaziert.“
Das muss mal gesagt werden. Von selbst ernannten Experten hört man immer wieder das Gegenteil, so als wäre die böse Industrie nur nicht willig. Ich gestehe aber gerne zu, dass man den ersten Satz um die Einschränkung „zu vertretbaren Kosten“ hinzufügen könnte. Das Kostenthema wird allerdings auch gerne leichtfertig abgetan. Was ist denn die Konsequenz daraus, dass man Vorgaben macht, die dem Diesel aufwendige Abgastechnik aufzwingt? Richtig, es werden weniger Diesel verkauft, dafür mehr Benziner. Und in der Konsequenz steigen damit die CO2-Emissionen. Will man das wirklich?
„Eine derartig präzise Messtechnik konnten sich viele vor drei, vier Jahren gar nicht vorstellen - jetzt ist sie da. Ich begrüße diese strengen Messungen außerordentlich - schon damit endlich Ruhe ist.“
Auch das. Mancher Laie mag sich nicht vorstellen, welche Herausforderungen das bedeutet.
„Aber im Wesentlichen kämpfen alle Ingenieure seit 20 Jahren dafür, die Emissionen zu senken und haben es hinbekommen. Das Thema ist technisch gelöst.“
So ist es. Das Auto ist anno 2018 nachgewiesenermaßen sauber, auch mit Diesel. Tatsache!
Nun gut, das Interview ist schon älter, da stand mglw. noch nicht alles fest, oder es wusste noch nicht jeder, aber über einiges wundere ich mich auch etwas:
„Diese Norm - Euro 6Dtemp - wird ab September 2017 für Neuzertifizierungen verpflichtend sein.“
Nein. Verpflichtend für Neuzertifizierungen (nicht Neuzulassungen) ist seit September 2017 die Euro 6c. Die 6d temp ist verpflichtend für Neuzertifizierungen seit September 2018, soweit ich weiß. Und für Neuzulassungen ab September 2019, die 6c gilt da seit September 2018. Leider wird es ständig falsch kolportiert. Anscheinend schreibt einer beim anderen ab.
„Erst mit der zweiten Generation, der Euro 6D, sitzen Partikelfilter und Katalysator jetzt ganz vorne am Motor, wo es wärmer ist.“
Das ist definitiv falsch, jedenfalls in dieser Pauschalität. Etliche Euro-5- und Euro-6-Motoren (noch nicht 6c oder 6d), Benziner wie Diesel, besitzen bereits eine motornahe Anordnung der Abgasreinigung. Vielleicht nicht alle, aber viele. Darunter auch sämtliche Golf 7 samt dessen Derivaten und sowie m.W. sämtliche R5X-Modelle. Und um Zweifel gleich auszuräumen – es ist bereits exakt dieselbe Anordnung wie sie jetzt auch für Euro 6d temp gewählt wird. An der motornahen Anordnung ist auch sonst nichts neu.
„Und was ist der fundamentale Unterschied zur ersten Generation, den Euro 6-Fahrzeugen, die seit 2014 vertrieben werden?“
Nur mal so, weil dieser Satz zumindest einen falschen Eindruck hinterlässt. Euro 6 war Pflicht ab 2015, aber verkauft wurden Modelle mit dieser Norm bereits einige Jahre zuvor. Darunter sind eine spezielle Variante des 330d E90 mit SCR-technik, die es ab etwa 2010 gegeben haben dürfte, und als Benziner bspw. der Golf GTI, der von Anfang an (2012/2013) die Euro 6 erfüllte. Auch unser R56 von 2013 hat bereits die Euro 6. Also nix mit „seit 2014 vertrieben“. Dem Professor fehlt es an Marktkenntnis.
„Das Neue bei Euro 6 war die Adblue-Technologie, bei der Harnstoff in den Abgasstrang eingespritzt wird, um die Stickoxide zu reduzieren.“
Nein. 1. gab es SCR-Technik (=AdBlue) bereits vorher, siehe oben. Und 2. kommt man in leichteren Autos auch bei Erfüllung der Euro 6 nach wie vor mit einem NOx-Speicherkat aus, also ohne aufwendige SCR-Kat-und-Pisse-Einspritzung. Beispiele gibt es ohne Ende von Golf 7 TDI bis BMW 1er und 3er Diesel. Und ja, die sind nachweislich sauber, auch im realen Betrieb gemessen (ADAC, AMS und andere; die DUH hat es sicherlich ebenfalls längst überprüft). Das wird so ein Prof wissen, der sich mit dem Thema befasst. Er dürfte auch wissen, wie sensibel das Thema ist. Da muss man doch aufpassen, dass man sich nicht unklar äußert.
„Ich kann den Harnstoff erst ab 180 bis 200 Grad dosieren, darunter kommt es zu Belagsbildung und Korrosion im Abgastrakt. Aber ein Dieselmotor mit einem hohen Wirkungsgrad hat nun mal eine niedrigere Abgastemperatur. Die Hersteller haben bei der ersten Generation das letzte Promille Verbrauch rausgeholt, aber mit jedem Promille wird das Abgas kälter. Diese Applikationsstrategie war sicherlich kritikwürdig. Man hätte beim Verbrauch etwas nachgeben müssen.“
Ja, hätte. Aber Presse wie Medien waren damals eben noch auf dem CO2-rules-Trip. Und deshalb konnten die Hersteller gar nicht anders, als CO2 und Verbrauch auf Teufel komm raus zu optimieren. So ist das eben mit Hypes. Man verliert den Blick nach links und rechts. Das könnte uns nun eine Lehre sein, uns nicht zu sehr mit NOx und Feinstaub verrückt zu machen. Aber genau diese Konsequenz werden “wir“ mal wieder nicht ziehen. Es ist ja auch viel lustiger, jedesmal eine andere Sau durchs Dorf zu jagen.
Ein paar inhaltliche Fehler enthält es aber trotzdem.

Zunächst, was richtig ist:
„Mit den 180 Milligramm (Euro 5) und den 80 Milligramm (Euro 6) hat die Politik etwas vorgegeben, was technologisch noch nicht umsetzbar war. Daraufhin wurden Grauzonen eingebaut, in denen sich alle bewegt haben - und mancher hat die Grauzone, die der Gesetzgeber zustehen musste,
überstrapaziert.“
Das muss mal gesagt werden. Von selbst ernannten Experten hört man immer wieder das Gegenteil, so als wäre die böse Industrie nur nicht willig. Ich gestehe aber gerne zu, dass man den ersten Satz um die Einschränkung „zu vertretbaren Kosten“ hinzufügen könnte. Das Kostenthema wird allerdings auch gerne leichtfertig abgetan. Was ist denn die Konsequenz daraus, dass man Vorgaben macht, die dem Diesel aufwendige Abgastechnik aufzwingt? Richtig, es werden weniger Diesel verkauft, dafür mehr Benziner. Und in der Konsequenz steigen damit die CO2-Emissionen. Will man das wirklich?
„Eine derartig präzise Messtechnik konnten sich viele vor drei, vier Jahren gar nicht vorstellen - jetzt ist sie da. Ich begrüße diese strengen Messungen außerordentlich - schon damit endlich Ruhe ist.“
Auch das. Mancher Laie mag sich nicht vorstellen, welche Herausforderungen das bedeutet.
„Aber im Wesentlichen kämpfen alle Ingenieure seit 20 Jahren dafür, die Emissionen zu senken und haben es hinbekommen. Das Thema ist technisch gelöst.“
So ist es. Das Auto ist anno 2018 nachgewiesenermaßen sauber, auch mit Diesel. Tatsache!
Nun gut, das Interview ist schon älter, da stand mglw. noch nicht alles fest, oder es wusste noch nicht jeder, aber über einiges wundere ich mich auch etwas:

„Diese Norm - Euro 6Dtemp - wird ab September 2017 für Neuzertifizierungen verpflichtend sein.“
Nein. Verpflichtend für Neuzertifizierungen (nicht Neuzulassungen) ist seit September 2017 die Euro 6c. Die 6d temp ist verpflichtend für Neuzertifizierungen seit September 2018, soweit ich weiß. Und für Neuzulassungen ab September 2019, die 6c gilt da seit September 2018. Leider wird es ständig falsch kolportiert. Anscheinend schreibt einer beim anderen ab.
„Erst mit der zweiten Generation, der Euro 6D, sitzen Partikelfilter und Katalysator jetzt ganz vorne am Motor, wo es wärmer ist.“
Das ist definitiv falsch, jedenfalls in dieser Pauschalität. Etliche Euro-5- und Euro-6-Motoren (noch nicht 6c oder 6d), Benziner wie Diesel, besitzen bereits eine motornahe Anordnung der Abgasreinigung. Vielleicht nicht alle, aber viele. Darunter auch sämtliche Golf 7 samt dessen Derivaten und sowie m.W. sämtliche R5X-Modelle. Und um Zweifel gleich auszuräumen – es ist bereits exakt dieselbe Anordnung wie sie jetzt auch für Euro 6d temp gewählt wird. An der motornahen Anordnung ist auch sonst nichts neu.
„Und was ist der fundamentale Unterschied zur ersten Generation, den Euro 6-Fahrzeugen, die seit 2014 vertrieben werden?“
Nur mal so, weil dieser Satz zumindest einen falschen Eindruck hinterlässt. Euro 6 war Pflicht ab 2015, aber verkauft wurden Modelle mit dieser Norm bereits einige Jahre zuvor. Darunter sind eine spezielle Variante des 330d E90 mit SCR-technik, die es ab etwa 2010 gegeben haben dürfte, und als Benziner bspw. der Golf GTI, der von Anfang an (2012/2013) die Euro 6 erfüllte. Auch unser R56 von 2013 hat bereits die Euro 6. Also nix mit „seit 2014 vertrieben“. Dem Professor fehlt es an Marktkenntnis.
„Das Neue bei Euro 6 war die Adblue-Technologie, bei der Harnstoff in den Abgasstrang eingespritzt wird, um die Stickoxide zu reduzieren.“
Nein. 1. gab es SCR-Technik (=AdBlue) bereits vorher, siehe oben. Und 2. kommt man in leichteren Autos auch bei Erfüllung der Euro 6 nach wie vor mit einem NOx-Speicherkat aus, also ohne aufwendige SCR-Kat-und-Pisse-Einspritzung. Beispiele gibt es ohne Ende von Golf 7 TDI bis BMW 1er und 3er Diesel. Und ja, die sind nachweislich sauber, auch im realen Betrieb gemessen (ADAC, AMS und andere; die DUH hat es sicherlich ebenfalls längst überprüft). Das wird so ein Prof wissen, der sich mit dem Thema befasst. Er dürfte auch wissen, wie sensibel das Thema ist. Da muss man doch aufpassen, dass man sich nicht unklar äußert.
„Ich kann den Harnstoff erst ab 180 bis 200 Grad dosieren, darunter kommt es zu Belagsbildung und Korrosion im Abgastrakt. Aber ein Dieselmotor mit einem hohen Wirkungsgrad hat nun mal eine niedrigere Abgastemperatur. Die Hersteller haben bei der ersten Generation das letzte Promille Verbrauch rausgeholt, aber mit jedem Promille wird das Abgas kälter. Diese Applikationsstrategie war sicherlich kritikwürdig. Man hätte beim Verbrauch etwas nachgeben müssen.“
Ja, hätte. Aber Presse wie Medien waren damals eben noch auf dem CO2-rules-Trip. Und deshalb konnten die Hersteller gar nicht anders, als CO2 und Verbrauch auf Teufel komm raus zu optimieren. So ist das eben mit Hypes. Man verliert den Blick nach links und rechts. Das könnte uns nun eine Lehre sein, uns nicht zu sehr mit NOx und Feinstaub verrückt zu machen. Aber genau diese Konsequenz werden “wir“ mal wieder nicht ziehen. Es ist ja auch viel lustiger, jedesmal eine andere Sau durchs Dorf zu jagen.
