12.04.2007, 15:59
der_bruder schrieb:2.3. Entwicklung und Bedeutung des Direktmarketing
2.3.1. Entstehung des Direktmarketing in Deutschland
Im Mittelpunkt des Direktmarketings in Deutschland stand von Anfang an die Adresse: die der bestehenden Kunden und die der potentiellen Kunden. Ein wirkungsvolles Direktmarketing wurde durch die gezielte Ansprache der in Frage kommenden Interessenten für ein Angebot erreicht. Schon in der Gründerzeit, Ende des 19. Jahrhunderts, entstanden Adressen-Büros und Adreßverlage, die mit dem systematischen Sammeln und Auswerten von Adressen begannen, die an Kunden vermietet wurden. So wurden bereits 1884 die ersten selektierten Adressengruppen, Bewohner einer Stadt und Beamte eines Landes, zusammengestellt. Die Adressen wurden nicht nur vermietet, sondern die Adreßverlage boten wie die heutigen Lettershops auch den kompletten Versandservice an.
Diese Entwicklung setzte sich fort und nach dem ersten Weltkrieg stieg das Geschäftsvolumen der Adreßverlage sprunghaft an. Es wurden von Industrie und Handel immer mehr angemietete Adressen verwendet, um neue Kunden zu gewinnen. Mit dem Beginn des 2. Weltkrieges und der Einführung einer Bezugsscheinwirtschaft fiel das Geschäft der Adreßverlage in sich zusammen.
Erst in den 50er Jahren, als die Wirtschaft in der Bundesrepublik einen Aufschwung nahm, änderte sich die Situation. Der Versandhandel war Teil des Wirtschaftswunders: er übernahm zum Teil die Versorgung des Verbrauchers. Der Slogan ”Neckermann macht´s möglich” um-schreibt den einsetzenden Massenwohlstand, den es vorher nie gegeben hat. Ende der 50er Jahre betrug der Umsatz des Versandhandels bereits 3,9% am gesamten Einzelhandelsumsatz.
Der in der Nachkriegszeit einsetzende Neubeginn des Direktmarketings wurde zunächst im wesentlichen vom Versandhandel bestimmt. Die Entwicklung im Adressenbereich hin zu verfeinerten Adreßlisten geschah auf Basis der Zusammenarbeit der Adressenverlage mit dem Versandhandel. Von dem Wachstum und den immer größer werdenden Aussendungen von Mailings und Katalogen profitierten auch die Adressen verarbeitenden Lettershops. Zugute kam der Entwicklung der technische Fortschritt: von der Anfangs noch vorherrschenden manuellen Verarbeitung der Mailings, d.h. von der Adressenselektion aus Karteikästen, der Beschriftung bis hin zur Kuvertierung und Postauflieferung, wurden zunächst teilautomatische Verfahren verwendet. Ab den 60er Jahren dominierte die EDV, die schnell und präzise die Adressen in modernen Datenbanksystemen verwalten konnte, Zielgruppenbildung immer schneller und preisgünstiger vornahm und Vorleistungen für die weitere Verarbeitung lieferte.
Mit der Rezession der Jahre 1966/67 gab es für die breite Anwendung des Direktmarketing und den Versandhandel neuen Aufschwung: die Massenproduktion erleichterte es, schnell immer mehr Produkte und auch neue Produkte auf den Markt zu bringen und der Verbraucher hatte entsprechend mehr Auswahl. Das Problem war, daß die Fülle der Produkte und Dienst-leistungen nicht mehr allein durch klassische Werbung vorzuverkaufen war. Das Verkaufen wurde aufgrund der gesättigten Märkte schwieriger. Die veränderte Marktsituation beein-flußte auch das Verhalten des Verbrauchers, bei dem die größeren Wahlmöglichkeiten, das Überangebot und immer mehr uniforme Metoo-Produkte den Wunsch nach Individualität förderte und Qualität und Service immer wichtiger wurde. Der Dialog mit dem Kunden und die Stärkung der Kundenbindung wurden immer wichtiger und im wesentlichen nur mit den Instrumenten des Direktmarketing zu beherrschen. Mit dem Ende der Massenwirtschaft in verschiedenen Branchen beginnt die Expansion des Direktmarketing: der Umsatz des Versand-handels Ende der 60er Jahre betrug nunmehr 4,8% am gesamten Einzelhandelsumsatz, weltweit ein Spitzenwert.
In den 70er Jahren wurden neben dem Versandhandel andere Branchen zu wichtigen Anwen-dern von Direktmarketing. Die Verlage brauchten für ihre neuen Zeitschriftenobjekte immer mehr Abonnenten, die Lotterieeinnehmer, die zunehmend weniger Lose über den stationären Handel verkauften, benötigten auch neue Gewinnspielteilnehmer und auch die pharmazeu-tische Industrie, die in immer härterem Wettbewerb ihre Produkte den Ärzten nahebringen mußte, nutzten zunehmend die Methoden des Direktmarketings.
Die verstärkte Anwendung von Methoden des Direktmarketings führte Ende der 70er Jahre zu einer Gründungswelle von erfolgreichen Direktmarketing-Agenturen.
Im Laufe der 80er Jahre etablierte sich neben den überwiegend eingesetzten Methoden des Direktmarketings wie das Direktmailing und der Coupon-Anzeige im stärkeren Maße das Telefonmarketing. Gerade im letzten Jahrzehnt setzte sich das Telefonmarketing in der Bundesrepublik sehr schnell durch.
2.3.2. Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen für die Zukunft
Einen großen Zuwachs hat das Direktmarketing durch Impulse bekommen, die auf die Wie-dervereinigung zurückzuführen sind.
Betrachtet man die gegenwärtige Situation, kann man davon ausgehen, daß rezessive Tenden-zen aller Voraussicht nach das Direktmarketing eher stärken werden. Dies läßt sich aus Zahlen aus den USA ableiten. Bei der Anfang der 90er Jahre in den USA herrschende Wirtschafts-flaute zeigte es sich, daß gerade die Aufwendungen für Direktmarketing deutlich erhöht wur-den. In der Literatur werden folgende Gründe dafür genannt:
• Besonders Direktmarketing bietet effiziente und zielgruppenspezifische Wege zur Er-schließung neuer Kundensegmente, was bei starker Fragmentierung der Märkte äußerst wichtig ist.
• Direktmarketing-Maßnahmen lassen sich im Rahmen von Kosten-Nutzen-Analysen, die in schwierigen Zeiten konsequenter betrieben werden, relativ gut durchleuchten.
• Als wesentliches Element des Direktmarketing lassen sich in enger werdenden Märkten Kundenbindungsprogramme einsetzen.
Hinsichtlich der weiteren Entwicklung kann man davon ausgehen, daß zum einen Direkt-marketing in einzelnen Branchen, wie Banken und Versicherungen, im Gesundheitswesen und im Umweltbereich tendenziell zunehmen wird, und zum anderen Direktmarketing in Bereichen angewendet wird, in denen es bisher keinen Zugang gab.
Ferner kann man davon ausgehen, daß bei den Direktmarketing-Maßnahmen sich die Seg-mente Telemarketing und Response-TV besonders stark entwickeln werden. Maßgeblich für diese Entwicklung sind vor allem das gestiegene Kosten- und Servicebewußtsein der Unter-nehmen, die das Telefon immer öfter zur systematischen Kundenbetreuung einsetzen. Eher Außendienst orientierte Unternehmen können durch Telefonmarketing ihre Vertriebsorgani-sationen in vielerlei Hinsicht effektiv unterstützten. Telefonmarketing nimmt auch bei Ver-sandhäusern eine enorm wichtige Rolle ein. Nach Angaben des Bundesverbandes des deut-schen Versandhandels bestellt bereits mehr als die Hälfte der Kunden bei Sortimentsversen-dern per Telefon. Bei den Spezialversandhäusern ist es fast ein Drittel. Generell wird davon ausgegangen, daß die Werbelandschaft sich in den nächsten 3 Jahren ändern wird. Die Ein-schätzung geht dahin, daß in Zukunft steigende Anteile der Werbebudgets in die Internet-Werbung fließen wird.
2.3.3. Bedeutung des Direktmarketing
Die Ausgaben im Direktmarketing beliefen sich 1997 in Deutschland auf rund 33,5 Milliarden Mark und damit rund 10,2 Milliarden Mark mehr als 1994 (23,3 Mrd DM). Vergleicht man die Ausgaben im Direktmarketing 1997 mit denen von 1988, so haben sie sich um insgesamt 20,7 Milliarden DM erhöht. Bei mehr als jedem zweiten Unternehmen (62 %) ist Direktmarketing inzwischen ein fester Bestandteil des Marketing-Mix. Besonders Unternehmen mit
Direktmarketing-Aufwendungen der Unternehmen
Abb. 2: Entwicklung der Direktmarketing-Aufwendungen
Quelle: Deutsche Post AG (Hrsg.), Direktmarketing Deutschland 1998 Studie 8, Hamburg 1998,
S.15.
mehr als 500.000 DM Jahresumsatz setzen Direktmarketing intensiv ein.
Vergleicht man den Einsatz von Direktmarketing in verschiedenen Branchen, so erkennt man, neben einem überaus breiten Nutzungsspektrum, daß Direktmarketing in einzelnen Branchen unterschiedlich eingesetzt wird. Nicht alle Branchen betreiben Direktmarketing gleichermas-sen intensiv. Der Einsatz von Direktmarketing ist 1997 vor allem im Handel verbreitet, wobei die Gesamtaufwendungen für das Direktmarketing mit 13,8 Mrd DM am höchsten waren.
Branche Anzahl der Anwender Gesamtaufwendungen in DM
Handel
204.000
13,8 Mrd
Dienstleister 161.000 10,4 Mrd
Produzierendes Gewerbe 144.000 9,3 Mrd
Summe
509.000
33,5 Mrd
Tab. 1: Branchenvergleich Direktmarketing 1997: Anwender und Aufwendungen
Quelle: Deutsche Post AG (Hrsg.), Direktmarketing Deutschland 1998 Studie 8, Hamburg 1998,
S.29.
Nach Erhebungen der Deutschen Post AG setzen 1997 70 % aller Handelsunternehmen in Deutschland mit über 500.000 DM Jahresumsatz, das sind rund 204.000 Unternehmen, Direktmarketing ein.
Die Unternehmensgröße als Indikator zeigt, daß der Einsatz der Direktwerbung in Großunter-nehmen weit stärker verbreitet ist als in Kleinunternehmen. Daraus läßt sich auf das potentielle Vorhandensein von Eintrittsbarrieren in die Direktwerbung wie z.B. die fehlende Verfügbarkeit von Kundendatenbanken schließen, die eher von größeren Unternehmen überwunden werden können. In Abhängigkeit der Zielgruppe des Werbetreibenden ist der Einsatz von Direktmarketing unterschiedlich verbreitet.
Klassische Werbung kann dem Direktmarketing zugrechnet werden, wenn eine Rückkoppe-lung des Empfängers angestrebt wird und eine Reaktionsmöglichkeit wie z.B. ein Coupon und/oder eine Telefonnummer angeboten wird. Betrachtet man die Gesamtwerbeausgaben von Direktmarketinganwendern für klassische Werbung mit Responseelementen, kann man feststellen, daß die Ausgaben für die Medien Anzeigen und Beilagen mit 44 % und 25,0 Mrd DM den höchsten Anteil haben (1994 lagen die Ausgaben für die Medien Anzeigen und Beilagen bei 21,0 Mrd DM und hatten einen Anteil von 41 %).
Werbemedium Gesamtaufwendungen der Direktmarketing-aktiven Unternehmen für Medien der klassischen Werbung Anteil der Ausgaben für klassische Werbung mit Responseelementen am Gesamtwerbeaufwand für klassische Werbung*
Fernsehen
4,2 Mrd. DM
30%
Funk 1,6 Mrd. DM 26%
Anzeigen/Beilagen 25,0 Mrd. DM 44%
Plakat-/Außenwerbung 1,7 Mrd. DM 33%
Gesamtaufwand für Medien der klassischen Werbung 32,5 Mrd. DM 40%
*Gesamtdeutschland inkl. Produktionskosten
Tab. 2: Nettowerbeaufwendungen von Direktmarketinganwendern für klassische Werbung
mit Responseelementen 1997
Quelle: Deutsche Post AG (Hrsg.), Direktmarketing Deutschland 1998 Studie 8, Hamburg 1998, S.24.
Betrachtet man die Entwicklung der Aufwendungen für Direktwerbemedien und vergleicht die Jahre 1994 und 1997, erkennt man, daß 35% der gesamten Aufwendungen für Direktwer-
Abb. 3: Verteilung der Aufwendungen auf die einzelnen Direktwerbemedien 1994 und 1997
Quelle: Deutsche Post AG (Hrsg.), Direktmarketing Deutschland 1998 Studie 8, Hamburg 1998,
S.21.
bemedien 1997 für adressierte Werbesendungen ausgegeben worden sind (1994 33%). Bei den unadressierten Werbesendungen wurden 1994 12% der gesamten Aufwendungen für Direktwerbemedien ausgegeben, 1997 waren es nur noch 19%. Gegenüber 1994 erhöhten sich die gesamten Aufwendungen für Telefonmarketing und interaktive Dienste in 1997. Im Bereich der Medien der klassischen Werbung mit Responseelementen verringerten sich die Aufwendungen 1997 gegenüber 1994 bei den Medien Anzeigen/Beilagen mit Responseelement von 36% auf 32%. Der Anteil für die Ausgaben im Bereich Plakat- und Außenwerbung mit Responseelement blieb bei diesem Jahresvergleich konstant. Bei der Funk- und TV-Wer-bung mit Responseelement gab es eine Erhöhung der Verteilung der Aufwendungen von 1994 3% auf 5% im Jahre 1997.
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Setzen 6!!! Zu lang!!!

