So liebe Leute,
heute schreibe ich Euch mal wieder etwas, diesmal über unseren Japanurlaub.
Im Allgemeinen denkt man ja in Deutschland, sofern man nicht viel mit Asien zu tun hat, dass Japan und China sehr ähnlich sind - eben alles Asien. Für uns, die wir nun die chinesische Lebensart gewohnt sind, kam die Umstellung auf die japanische Umgangsformen jedoch einem sehr erholsamen Kulturschock gleich.
Aber fangen wir mal vorne an:
Ich muss mal wieder ausreisen, und da wir Freunde bzw. Kollegen in Tokio haben, entschließen wir uns nach Japan zu fliegen. Im Vergleich zu China ein teueres Pflaster mit europäischen Preisen oder mehr. Wie üblich werden wir am Tor unseres Wohnkomplexes von einem Fahrer erwartet, der uns zum Flughafen bringt. Diesmal stellt sich aber unterwegs heraus, dass dieser den Weg nicht wirklich kennt bzw. dass er sich verfahren hat. Mit unseren paar Brocken Chinesisch filtern wir aus dem Wortschwall heraus, dass der Fahrer bei einem Kollegen um Rat fragt. Na ja, macht ja nichts, wir haben ja nur im Stau gestanden und sind jetzt spät dran…
Irgendwie meistert es unser Chauffeur dann aber doch, uns noch pünktlich abzuliefern. Gestresst laufen wir zu dem Abflugschalter und werden erstmal von oben bis unten gefilzt, über unser Ziel und unsere Absichten befragt. Unsere Ausweise werden gesondert betrachtet, von einem Angestellten aus der Schutzhülle mit persönlichen Unterlagen genommen und geknickt, mit Aufklebern bestückt noch bevor wir etwas sagen konnten. Eine Angestellte der Airline ist sich wegen unseres Visums nicht sicher und versucht, mit unseren Ausweisen und ChessBoards Arbeitserlaubnis aus der Kontrollzone zu verschwinden um sich zu informieren. „Verstärkte Kontrolle für in China lebende Personen gemäß der Anweisung der amerikanischen Fluggesellschaft“ wird uns auf unsere Beschwerde hin knapp mitgeteilt, aber trotzdem bestehen wir darauf, dass die Ausweise bei uns bleiben und sie die Hilfe zu uns holt, nicht umgekehrt. Nach langer Prozedur stehen wir in einer riesigen Schlange von Amerikanern. Nicht mit uns, denkt ChessBoard, denn wir haben ja von China gelernt, dass man sich freundlich aber bestimmt durchsetzen muss. Also nichts wie das silberne Vielflieger-Kärtchen der Konkurrenz-Airline gezückt und nach einer kurzen Rückfrage winkt uns der nette Angestellte in die Businessclass-Schlange, womit wir direkt vor dem Checkin-Schalter stehen und neidische Blicke der wartenden Amerikaner ernten. Wie einige andere mit einem roten Aufkleber gekennzeichnet, der wiederum ohne Nachfrage auf unserer Kleidung angebracht wurde, werden wir jetzt schnell und kompetent abgefertigt. Aber mit früh im Flugzeug sitzen ist es trotzdem nichts. Auch nachdem wir die weiteren fünf üblichen Sicherheitschecks durchlaufen haben, darf ChessBoard erstmal unmittelbar in der Gangway auf einem kleinen Tisch unter den Augen der Mitreisenden seinen kompletten Rucksack entleeren, Geräte vorführen, indiskrete Fragen beantworten und wir steigen so ziemlich als letzte ins Flugzeug ein. Ich selbst bin tierisch genervt und mache in dieser Zeit ganz chinesisch lautstark Rabatz, wie unverschämt ich das finde, denn ein wenig Strafe für die Fluggesellschaft muss sein

. Nach einer weiteren VIERTEL STUNDE ist es endlich geschafft und wir sitzen im Flugzeug. Wir kommen uns wie Schwerverbrecher vor und beschließen, nach diesem Urlaub nie wieder mit einer amerikanischen Airline zu fliegen. Interessanter Weise wurde ich nicht gefilzt, da ich ein anderes Visum habe. Dass wir zusammen leben interessierte niemanden.
Nach dem anfänglich aufregenden, dann aber doch recht ruhigen Flug landen wir in Tokio. In Eile laufen wir zu dem Schnellzug nach Yokohama. Mit dem Ticketkauf haben wir vom Schalter aus ca. 3 Minuten bis zum Zug. Aber anders als in China und Deutschland wartet der Zug auf uns, der Schaffner steht schon in der Tür und hat vom Ticketschalter Bescheid gesagt bekommen. Trotzdem kommen wir pünktlich in Yokohama an. Überhaupt ist hier alles ganz anders. Die Japaner stellen sich brav in einer Reihe an, keiner drängelt vor und auch wenn die Türen aufgehen wird man nicht direkt auf der Gegenseite herausgedrückt, sondern die Zusteigenden warten zunächst bis alle Personen ausgestiegen sind. In China passiert das alles gleichzeitig und ohne Rücksicht auf Verluste – selbst wenn jeder Platzkarten zu nummerierten Sitzen hat.
In der U-Bahn-Station stehen wir dann ratlos vor einem Automaten und verzweifeln am Nummernsystem. Ein älterer Herr fragt ChessBoard, wohin wir fahren wollen, tippt auf dem Automaten herum, deutet danach an, dass wir jetzt das Geld einwerfen müssen, und zieht die Karten für uns. Als er zum Wechselgeld greift

befürchtet ChessBoard das Schlimmste, doch weit gefehlt: Der nette Herr legte sich nur das Geld zurecht, um es uns ordentlich mit beiden Händen zu überreichen. That’s Japan!
In Yokohama checken wir in das höchste Haus Japans ein und bekommen ein Zimmer im 58. Stock. Also für dieses Haus recht weit unten. Dafür kann man hier herrlich die zahlreichen Minis auf der Kreuzung vor dem Haus beobachten, was in dieser Woche meine Morgenbeschäftigung vor dem Frühstück wird

. Und in Yokohama ist die Mini-Dichte erstaunlich hoch! An einem Abend können wir vom Zimmer aus sogar den Fujijama im Abendrot sehen.
Wir betrachten uns die größte China Town außerhalb Chinas, die derart ordentlich aussieht, dass wir sie fast nicht als „China Town“ erkennen, schauen uns mit einem befreundeten Schweizer und seinem kleinen Sohn (der nur Schweizerdeutsch bzw. Japanisch redet und versteht – sooooo süß) das Aquarium in der Bucht von Tokio an und wollen uns nun den Palast in Tokio anschauen.
Leider haben wir die Rechnung ohne die Behörden gemacht, denn diese haben mal kurz die Öffnungszeiten geändert. Und so ist ausgerechnet montags geschlossen und am nächsten Tag reisen wir schon wieder ab. Ratlos laufen wir durch das Regierungsviertel und ein Mann, der nach höherem Beamten aussieht, fragt uns ob er helfen kann. Als wir sagen, dass wir nicht so recht wissen was wir nun machen sollen, erklärt er uns, was man in welchem Stadtviertel gut machen kann, wo man gut essen kann und mit welcher U-Bahn man dort gut hinkommt. Nach einer viertel Stunde läuft er weiter, in Eile aber doch so, dass wir nicht das Gefühl haben müssen ihn aufgehalten zu haben. ChessBoard – China gewohnt - fragt erstmal, ob wir noch alle Sachen bei uns haben

… Aber der Mann war einfach nur nett!
Am nächsten Tag treten wir nach einer Stadtrundfahrt die Rückreise an und erleben am Flughafen das gleiche System wieder wie beim Hinflug. Diesmal holen wir jedoch nach der Diskussion mit dem höchsten anwesenden Manager der Airline einen Snack in der Lounge heraus, denn noch einmal wollen wir die Prozedur nicht unkommentiert über uns ergehen lassen.
Alles in allem war es bis auf den Flug ein schöner, erholsamer Kurzurlaub, der Ruhe zum Entspannen gegeben hat und den der vom Geschäft gestresste ChessBoard dringend gebraucht hat.
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